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Vereinigung der Haus- und Hobbybrauer in Deutschland e. V.

Rückblick HHBT 2010

Die Haus- und Hobbybrauertage 2010 fanden vom 27. August bis 29. August 2010 in Schwalenberg statt

Diese Brauertage, die damit erstmals in Nordrhein-Westfalen stattfanden, standen unter dem Motto „Brauertage im Herzen der Weserrenaissance“.

Die Schirmherrschaft für die 15. Haus- und Hobbybrauertage hatte Herr Dr. Frank-Walter Steinmeier in seiner Eigenschaft als Botschafter des Bieres übernommen, leider konnte er persönlich nicht an der Veranstaltung teilnehmen. Unterstützt und begleitet wurde die Veranstaltung von der Stadt Schieder-Schwalenberg, der Schwalenberger Brauzunft e.V., der Hochschule Ostwestfalen-Lippe, der Schlossbrauerei Rheder, dem Weserrenaissancemuseum Lemgo-Brake und dem Kreis Lippe.

Die Sorten für die Bierprämierung bei den 15. HHBT waren:

  • Westfälisches Landbier (untergärig)
  • India Pale Ale (obergärig)
  • Dunkles Westfälisches Bockbier (untergärig)

Bilder der 15. HHBT gibt es bei:


Platzierungen der Bierprämierung Haus- und  Hobbybrauertage Schwalenberg 2010

Ergebnisse in der Kategorie "Westfälisches Landbier" 
Platz Name Punkte  
1. Hans Georg Meyer 47,60 Link zu diesem Braurezept
2. Thomas Lill 47,00 Link zu diesem Braurezept
3. Petra Paulsen 46,60 Link zu diesem Braurezept
4. Dirk Wagner 44,60  
5. Jan-Hendrik Koch 44,40  
       
       
Ergebnisse in der Kategorie "Westfälischer Urbock (dunkel)" 
Platz Name   Punkte  
1. Peter Ross 49,67 Link zu diesem Braurezept
2. Jürgen Sommer 46,17 Link zu diesem Braurezept
3. Andreas Sperr 45,00 Link zu diesem Braurezept
4. Stefan Mallmann 44,83   
5. Hans Werner Maack 43,33  
       
       
Ergebnisse in der Kategorie "India Pale Ale" 
Platz Name   Punkte  
1. Alexander Sperr 46,50 Link zu diesem Braurezept
2. Stephan Grönefeld 45,75 Link zu diesem Braurezept
3. Hans Rolf Linke 45,25 Link zu diesem Braurezept
4. Sven Schulz 45,00  
4. Dr. Thomas Theelen 45,00  

Folgende Fachvorträge fanden bei den Haus- und Hobbybrauertage 2010 statt:
 

Vom historischen Brauamt bis zur heutigen Vereinsarbeit

Liebe Braufreunde,

unser 15. Jahrestreffen neigt sich dem Ende zu. Sicherlich ist das noch zu früh, um eine wirkliche Bilanz zu ziehen, aber für eine Zusammenfassung dessen, was hier zu sehen und zu erleben ist und worum es in diesem Jahr ging, dazu ist – so meine ich jedenfalls – hier und jetzt die richtige Gelegenheit.Wir sind erstmals in Westfalen, einem Landstrich mit sprichwörtlicher Braukultur.

Westfalen reicht von der niederländischen Grenze bis an die Weser. Es markiert die Südgrenze der altsächsischen Besiedlung. Wir gehören hier insofern noch zum Niederdeutschen Sprachbereich. Die Falen waren ein sächsischer Stamm, der in einen kleineren ostfälischen Siedlungsbereich und den wesentlich größeren Westfälischen Siedlungsbereich zerfiel. Sehr schön ist diese Siedlungsgrenze an einer Aneinanderreihung von Orten zu erkennen, die auf die Silbe „trug" enden, Istrup, Brüntrup, Hillentrup, Wellentrug uvm. Darin steckt das alte sächsische Wort „Torp", aus dem sich auch unser heutiges Wort „Dorf" ableitet und eine befestigte altsächsische Ansiedlung bezeichnet.

Westfalen wird vom Teutoburger Wald durchzogen, dem längsten Faltengebirge Deutschlands. Bis Westfalen reichte die Hanse. In alter Zeit war der Hellweg ein Synonym für Westfalen. Heute ersetzen die A2 und der Mittellandkanal diese Bedeutung. Sie sind tatsächlich zu den wichtigsten Schlagadern des Landes geworden. Von Mooren der norddeutschen Tiefebene bis zu wintersporttauglichen Mittelgebirgen reicht die Vielfalt Westfalens.

Die Bezeichnung „Westfalen" tritt mit dem Westfälischen Frieden von 1648 noch einmal ins Helle Licht der Geschichte, bei dem in Münster und Osnabrück das Ende des 30jährigen Krieges verhandelt wurde. Ein Ergebnis dieses Friedensschlusses war es aber auch, dass Westfalen, wie kaum eine andere Region Deutschlands, in viele konfessionell unterschiedliche Territorien aufgeteilt wurde, so dass die geografische Bezeichnung Westfalen zunehmend an Bedeutung verliert. Man spricht nicht wie in Franken von einem Ober-, Mittel und Unterwestfalen, sondern vom Ruhrgebiet, vom Münsterland, von der Soester Börde, vom Sauerland und von Ostwestfalen-Lippe.

Lippe, der Landkreis in dem wir uns befinden, also nur ein Bindestrich? Ja, aber ein bedeutsamer! Im hohen Mittelalter machten hier in der Region die Edelherren zur Lippe ebenso von sich reden, wie die Grafen von Schwalenberg. So befehligte ein Volkwin von Schwalenberg die Sächsische Reiterei in der Schlacht an der Unstrut und begleitet den Kaiser zu Reichstagen. Allerdings erkannten die Schwalenberger die neuen Herausforderungen des Spätmittelalters weniger gut als die Grafen zur Lippe. Während die Schwalenberger einzelne Schutzrechte vom hessischen Edersee bis ins hannoversche Barsinghausen hielten, begannen die Lipper allmählich sich ein abgegrenztes Territorium zu sichern. Als die Schwalenberger in der 2. Hälfte des 14. Jh. im Mannesstamme ausstarben, fiel fast die gesamte Schwalenberger Restgrafschaft an Lippe und die stolze Schwalenberger Burg wurde ihr Witwensitz. Seine Blütezeit erlebte Schwalenberg gleichwohl unter den Lippern, so dass man heute seinen Frieden mit der Geschichte hat und sich auch in Schwalenberg als Lipper fühlt. Mit der Eingliederung der Grafschaft Schwalenberg nach Lippe hinein war ein Territorium geschaffen, das 800 Jahre lang fast unverändert Bestand haben sollte. Mit viel Geschick erlangten die Lipper die Reichsunmittelbarkeit. So gehörte Lippe nie zu Preußen, sondern war bis zur Revolution 1918 ein selbständiges Fürstentum. Von da an war es bis 1949 ein selbständiges Land mit einem eigenen Landtag. Das führte letztlich dazu, dass die Lipper nach dem 2. Weltkrieg in eigener Regie verhandeln konnten, ob sie zu Niedersachsen oder zu Nordrhein-Westfalen gehören wollten. Mit der ihnen eigenen Zähigkeit gelang es ihnen in NRW mehr Privilegien heraushandeln als in Niedersachsen. So entschieden sie sich in das bereits bestehende Land NRW eingegliedert zu werden. Dazu wurde das neue Landeswappen noch einmal umgebildet und die Lippische Rose wurde unten zwischen Rhein und Westfalenross gesetzt. So ist Lippe der einzige Landkreis in Deutschland, der in einem Landeswappen vorkommt.

Westfalenross und Niedersachsenross, was ist der Unterschied? Zunächst einmal leiten sie sich vom gleichen Ursymbol ab. Das Pferd war halt das Wappentier der Sachsen. Es wird hier nur in unterschiedlichen Posen dargestellt: Das Niedersachsenross stellt ein springendes Pferd dar und das Westfalenross ein steigendes!

Eine weitere Besonderheit Lippes ist, dass das gesamte ehemals fürstliche Vermögen und späteres lippisches Landesvermögen von einer in Deutschland einmaligen Körperschaft verwaltet wird, dem Lippischen Landesverband. Dazu zählen die Forsten, die Domänen, die Externsteine, das Hermanns Denkmal, das Landesmuseum, das Landestheater, die Landesbibliothek und die beiden lippischen Staatsbäder Salzuflen und Meinberg. In Schwalenberg fördert der Landesverband Lippe z.B. die Kunstszene. Er residiert übrigens im Schloss Brake zusammen mit dem Weserrenaissancemuseum.


Die Ansiedlung Schwalenberg war zunächst nur ein Abfallprodukt der Burggründung. Die Grafen zogen Anfang des 13.Jh., als es eigentlich schon mit ihnen bergab ging, noch einmal um, von Ihrem ursprünglichen Stammsitz, keine 10 Kilometer südöstlich von hier. So siedelten auf der kleinen Terrasse unterhalb der Burg vor allem Handwerker. Bis zum 16. Jh. hatte sich diese Ansiedlung zu einem blühenden Marktflecken entwickelt. Erst der 30-jährige Krieg, der mehrfach die Gegend verwüstete, bereitete dieser Entwicklung ein jähes Ende.

Bis dahin – und jetzt kommen wir zum Thema „Brauen" – war Brauen ein herrschaftliches Privileg. Es ist ein „Brau- und Backhaus" auf der Burg belegt, ebenso wie in den Domänen. Schwalenberg hatte davon zwei, da bis ins ausgehende 18.Jh der Erzbischof von Paderborn noch ein Viertel der Hoheitsrechte im Amt Schwalenberg innehatte. Allgemein hatte sich aber mit der Zeitenwende zur Renaissance, vornehmlich in den Städten Westfalens und auch darüber hinaus, bürgerschaftliches Gemeinschaftsbrauen etabliert. Eine solche Einrichtung wurde „Brawer Ampt", eben Braueramt genannt. Heute würden wir von einer Brauzunft oder Brauergilde sprechen. Für die Menschen damals bestand der entscheidende Unterschied darin, dass man ohne großes eigenes Zutun zum Mitglied einer Zunft wurde. Der Sohn des Schmieds wurde automatisch der Schmiedezunft unterstellt, sobald er seine Ausbildung begann, um den elterlichen Betrieb übernehmen zu können. Mit den Braurechten sah das etwas anders aus. Und dafür brauchte man diese andere Bezeichnung. Das Wort „Amt" trug noch nicht die Assoziation zum Staatlichen oder Kommunalen in sich, sondern war ein allgemeiner Begriff für organisierte Gemeinschaften.


Derartige Brauämter wurden vom Landesherrn eingesetzt und an die jeweilige Stadt übertragen, die ihrerseits dann die Polizeigewalt über die Brauämter auszuüben hatten. Die Einrichtung von Brauämtern war in diesem Zusammenhang sowohl landesherrliche Fürsorgeaufgabe im modernen Sinn, als auch eine neue Einnahmequelle für die Obrigkeit. Aber nicht nur Landesherr und Kommune kassierten. Auch die einmal errichteten Brauämter wussten um ihre Attraktivität. So war es selbst im relativ kleinen Schwalenberg immens teuer, die Mitgliedschaft im Brauamt zu erlangen. Ein zukünftiger Brauer hatte für sich und seine Frau 40 Taler, 4 Schafskäse und 4 Pfund Wachs zu zahlen. Dazu hatte er 2 Tonnen, also fast 150 Liter Bier auszugeben und einen weiteren Taler für die Kämmerei aufzuwenden. Wollte er auch seinen Sohn in die Zunft aufgenommen wissen, kam neben zwei Tonnen Bier, einem Schafskäse und einem Pfund Wachs noch ein Stuhlkissen dazu!

Vergleichsweise preiswert war da schon die Aufnahme einer Tochter, mit nur einer Tonne Bier und wieder einem Stuhlkissen.

„40 Taler" sind natürlich nur schwer in heutige Wertvorstellungen zu übertragen, dürften heute aber einem nicht unbeträchtlichen 4-stelligen Eurobetrag entsprechen. Man stelle sich vor, der Eintritt in die Schwalenberger Brauzunft oder den VHD würde heute soviel Geld kosten!? Dieser Gedanke lässt uns aber sehr deutlich erkennen, wie bedeutsam diese Einrichtungen einst waren.

Amüsant muten ja einige der „Nebengebühren" an. Was soll beispielsweise ein Stuhlkissen als Zahlungsbedingung bezwecken? Nun, Wolle war knapp und wertvoll. So wurde sie vorzugsweise für die Kleidungsherstellung genutzt. Daraus Kissen herzustellen, war purer Luxus. So musste man die Menschen eben zur Kissenherstellung zwingen. Und wozu brauchte man so unbedingt Kissen? Gottesdienste – und zwar egal welcher Konfession – dauerten damals nicht selten Stunden. Da war es schon ein Argument, wenn die Brauer über wärmende und bequeme Auflagen auf den harten und kalten Kirchenbänken verfügten. So anders und einfach war das.


Schwalenberg war 1661 eines der letzten Brauämter, das in Lippe eingerichtet wurde und gleichzeitig eines der letzten das im ausgehenden 19. Jh. aufgelöst wurde. Dass ihre Bedeutung mit den aufkommenden Dampfbierbrauereien dahin schwand, lässt sich für uns heute recht gut nachvollziehen. Wieso aber mussten sie ganz und gar aussterben? Dazu trugen letztlich viele Faktoren bei:

  • Die aufkommende Moderne, ausgehend von der Napoleonischen Gesetzgebung, stellte erste Hygieneansprüche an Braustätten.
  • Industrielles Bier war überall verfügbar und von guter Qualität und niedrigem Preis.
  • Die neue Gewerbefreiheit machte die hohen Eintrittsgebühren in die Brauämter unmöglich.
  • Ohne die hohen Gebühren konnten die staatlichen und kommunalen Abgaben und die Unterhaltung der Einrichtungen aber nicht mehr bestritten werden.

So sahen sich die Brauämter landauf landab zunehmend genötigt, ihre Braurechte zurückzugeben und zur eigenen Entschuldung oder zumindest Entlastung, die Gemeinschaftsbrauhäuser letztendlich zu verkaufen. Das geschah in Schwalenberg 1875. Damals wurde das Brauhaus für 690,-- Mark in private Hände verkauft, womit das Amt endgültig aufhörte zu existieren.

Ein entscheidender Unterschied zu den Kommunbraurechten, die wir bei unseren letzten beiden Jahrestreffen ja kennen gelernt haben, war, dass die Brauämter nie eigene Rechte innehatten und sich aus dem direkten staatlichen und kommunalen Zugriff nie wirklich lösen konnten. Es entstanden also nie unabhängige Rechte, so dass die Abhängigkeit von gesellschaftlichen Veränderungen stets sehr hoch blieb. Das erklärt, wieso diese hoch interessanten, historischen Braueinrichtungen allesamt ausstarben. Uns ist jedenfalls kein Beispiel bekannt, dass auch nur versucht worden wäre, ein solches Brauamt  irgendwo wieder auferstehen zu lassen, geschweige denn, dass es erhalten geblieben wäre.

So sehen wir eben darin heute unsere wichtigste Aufgabe. Aber zurück in die Zeitenwende vom 19. zum 20. Jh. Wir wissen, dass auch nach 1875 weiterhin in Schwalenberg gebraut wurde, nur nicht mehr gemeinschaftlich, sondern privat und zuhause. Bis in die 20er Jahre ist dies belegt, und damals wurde ja ein Verbot ausgesprochen, das bis in die jüngste Vergangenheit reichte. Einem weitsichtigen Pastor, Alexander Zeiß, der hier 1884 die Pfarrstelle antrat, verdanken die Schwalenberger in dieser Hinsicht viel. Er erkannte schon früh die kulturhistorische Bedeutung der Schwalenberger Brautraditionen. So hielt er zunächst die Musiken und Tänze der Brauer fest und beschrieb sehr genau die Sonntags- und Festtracht, die zwar auch damals nicht mehr getragen wurde, die aber noch in Musterstücken existierte und in den Erinnerungen der ältesten Brauer präsent war. So wurde noch vor dem 1. Weltkrieg die heutige Trachtengilde gegründet, die damit wohl als einziger Verein im Norddeutschen Raum noch eine originale Brauertracht trägt und originale Brauertänze kennt. Das Brauen selbst war vor dem 1. Weltkrieg aber noch so selbstverständlich, dass es niemand für Wert erachtete, auch hierzu detaillierte Aufzeichnungen anzufertigen. So gingen schlimme Zeiten, in denen man anderes zu tun wusste, und viele Jahrzehnte ins Land.

Damit kann ich jetzt einen Sprung ins Jahr 2003 machen. Wir hatten mit 4 Pärchen einen Kurzurlaub zum Jahreswechsel auf der Insel Fehmarn gebucht. Fritz Reckmann – ihr habt ihn ja kennen gelernt – und ich saßen in einem Auto und unterhielten uns gelegentlich auf der immerhin rund 4 Stunden dauernden Fahrt. Irgendwann erwähnte Fritz, dass er einen Fernsehbeitrag über Hobbybrauen gesehen hätte, und dass ihn das fasziniert hätte. Ich konnte nur beipflichten, denn ich hatte zuvor einen Bericht dazu in einem Magazin gelesen, und auch dieser spukte mir immer noch im Kopf herum. So hatten wir unser Thema für die Urlaubstage gefunden. Wieder zurück, noch Ende Januar, erschien bei uns das Semesterheft der Volkshochschule. Meine Frau Monika machte mich darauf aufmerksam, dass da ein Braukursus angeboten werde, in Blomberg, 12 Kilometer westlich von hier. Wir kommunizierten das, wie man heute so schön sagt. Bald waren wir zu viert. Neben Fritz und mir, waren es Eckhard Strüber und Uwe Franzke, die schließlich an dem besagten Braukursus bei Jürgen Reuß teilnahmen. Das ganze musste nun natürlich ausprobiert werden. Weitere Interessenten kamen dazu, und es begann unsere Phase „Keller-Küche-Carport". Ich erinnere mich an ein Bild, als wir 4 Einkochtöpfe hintereinander auf Festzelttischen stehen hatten, irgendwo in einer Garage. Der Stromkreis hielt das nicht mehr aus und wir mussten eine Kabeltrommel zum Nachbarn legen. Da kamen erste Zweifel auf, ob uns diese Herangehensweise wohl dauerhaft zufrieden stellen würde. Alles war improvisiert, vieles ging schief, ihr kennt das!

Bevor ich an der Stelle weitermache, muss ich jetzt erst noch eine zweite Entwicklungslinie aufmachen, denn erst als sich diese beiden Linien trafen, konnte das entstehen, was ihr hier in den letzten Tagen als unser Brauprojekt kennen gelernt habt. Nun, der Bürgermeister hatte zu einem Workshop geladen, in dem Entwicklungsideen für diesen leider wirklich sterbenden Ort entwickelt werden sollten. Ich hatte einen kleinen Vortrag vorbereitet, in dem es mir aber zunächst nur um die Grundprinzipien ging, die ein eventueller Projektansatz haben sollte. Weil ich mich zu der Zeit nun, wie gesagt, auch mit dem Brauen beschäftigte, war die Wiederbelebung des Schwalenberger Brauamtes eines von 3 Beispielen, die ich zur Untermauerung meiner eigentlichen Thesen anführte. Mein Wortbeitrag wurde diskutiert und die Sache mit dem Brauen fand dabei durchaus Zuspruch. Dynamik kam aber erst in die Sache, als mich der Bürgermeister bat, „die Sache doch mal in ein Arbeitspapier zu bringen". So entstand ein Konzept unter dem Namen „Bürgerbrauerei", das allerdings vorsah, die örtliche Gastronomie als Financiers einzubinden und möglichst ein etwas größeres Haus am Marktplatz zu erwerben. Auf die Details brauche ich hier nicht weiter einzugehen.


Kurzum, die Gastronomie wollte nicht und das Haus ließ sich auch nicht zu erträglichen Kosten erwerben. So ging die Zeit dahin und das Thema schwappte vom Bürgermeister zu den Keller-Küche-Carport Brauern und wieder zurück. Schlüsselbedeutung hatte zudem noch die „Blaue Tonne". Das muss ich erklären. Fritz hatte vor vielen Jahren mal die Idee, dass man sich doch regelmäßig treffen müsse, um auch mal etwas außer der Reihe besprechen zu können. Dass sich jeder den Termin merken konnte, wurde der Abend ausgewählt, an dem die Altpapiertonne – und die ist hier blau – alle 4 Wochen vor die Tür gerollt wird. Dann gehen wir nicht brav wieder ins Haus, sondern treffen uns im Wirtshaus, um wichtige Dinge zu besprechen. Wir, das sind dann immer Schützenbrüder vom so genannten Falkenrott. Dort, bei der Blauen Tonne, liefen die beiden Entwicklungslinien zusammen. Ich berichtete von meinen erfolglosen Bemühungen, und die Keller-Küche-Carport Brauer zeigten sich unzufrieden mit den arg provisorischen Braugängen. So war bald die Idee geboren, ob wir Hobbybrauer nicht von dem Zuspruch profitieren könnten, den das Arbeitspapier „Bürgerbrauerei" ausgelöst hatte?

In weiteren Gesprächen mit dem Bürgermeister war bald klar, dass er sich auch darauf einlassen würde: „Es ist mir egal, ob das gewerblich oder privat läuft. Entscheidend ist, dass öffentlich gebraut wird und ihr euch im Sinne des Stadtmarketing touristisch einbringt!" So sinngemäß waren seine Worte. Und er hatte auch gleich ein Immobilienangebot für uns – unser heutige Brauhaus „In der Tränke 8". Also musste der neue Weg ausgelotet werden. An dieser Stelle tritt erstmals der VHD auf. Jürgen Reuß hatte uns ohnehin immer wieder besucht und geholfen Und jetzt stellte er den Kontakt zu Markus Harms her. Ich war zu Anfang noch im höflichen Sie verfangen: „Herr Harms, was müssen wir bei solch einem Projekt bedenken? Welche Behörden müssen wir kontaktieren? Wie muss dafür eine Satzung aussehen? Und Markus half – ihr habt es euch schon fast denken können!

Wir nehmen für uns in Anspruch sorgfältig gearbeitet zu haben. Ordnungsamt, Hauptzollamt, Handwerkskammer und IHK, auch ein Rechtsanwalt und ein Architekt wurden eingeschaltet. Inzwischen konnten wir uns ja darauf berufen, dass wir ein Projekt vertreten, welches von der Stadt Schieder-Schwalenberg unterstützt werde. Um nun auch rechtlich handlungsfähig zu werden, wurde im Oktober 2005 mit zunächst 11 Mitgliedern ein Verein gegründet. Wir bekamen unseren Körperschaftssteuerfreistellungsbescheid, wurden also als gemeinnützig anerkannt. Schließlich beriefen wir uns ja darauf, mit unserem Projekt eine uralte Brautradition wiederzubeleben. Nach der Klärung der rechtlichen Probleme ging es an die Bearbeitung der Finanzierungsfragen. Das Gebäude bekamen wir nach Ratsbeschluss für 10 Jahre mietfrei zur Verfügung gestellt, allerdings mit folgenden Auflagen, aus denen wir dann auch 10 Jahre nicht rauskommen:

  • Die Arbeit bleibt öffentlich und bringt sich ins Stadtmarketing ein.
  • Die Brauzunft verzichtet darauf, Zuschussanträge an die Stadt zu stellen.
  • Die Brauzunft trägt alle laufenden Kosten, incl. Betriebshaftpflicht und Produkthaftpflicht.
  • Die Brauzunft saniert das Gebäude und unterhält es in gutem Zustand.

Den ersten Geldbetrag, in Höhe von immerhin 3.000,-- bekamen wir von unserer Bürgerstiftung zugesprochen. Wir fassten tief in die eigene Tasche und verdoppelten die Summe aus eigenen Mitteln. Dann begann die eigentliche Öffentlichkeitsarbeit mit einer Bürgerversammlung und dem Ausschank unseres Keller-Küche-Carport Bieres. Dank der Gemeinnützigkeit konnten wir Spendenquittungen ausstellen und vor unserer Bettelei war wirklich niemand sicher. So sammelte sich das Geld auf stattliche 11.000,-- an, bevor wir im Frühjahr 2006 mit den Arbeiten am Brauhaus begannen. Von Mai bis September wurden dort 6-Tagewochen gefahren. Der erste der nachmittags Feierabend hatte, richtete die Baustelle ein. Erst mit dem Dunkelwerden hörten wir wieder auf. Nur der Sonntag war tabu. Alles musste erneuert werden, die Wände abgeklopft, neu verputzt und deckenhoch verfliest. Alle Leitungen wurden neu verlegt. Fußbodenisolierung, Kühlhausbau, Toilettenbau und vieles mehr kosteten Zeit, Kraft, Nerven, Geld – eben alles wovon man nur begrenzte Ressourcen hat.

Unsere Sudpfannen sind Suppenkocher aus der Kantine einer niederländischen Luftwaffeneinheit, die hier in Blomberg aufgelöst wurde. Zum Läuterbottich wurde ein alter Elektroschaltschrank aus Edelstahl. Trotz allem hatten wir mehrfach mehr Geld ausgegeben, als wir zu dem Zeitpunkt gerade hatten. Im September konnten wir bereits zu einem ersten Tag der offenen Tür einladen. Die eigentliche Einweihung fand dann nach letzten Gewerken im Mai 2007 statt. Wir waren inzwischen auf 30 Mitglieder angewachsen und hatten das Gefühl, doch schon etwas vorweisen zu können. Trotzdem wurde bald klar, dass der noch offene Investitionsbedarf enorm blieb. Das Dach muss über kurz oder lang erneuert werden. Wir brauchen dringend eine Heizung. Das große Tor kann nicht so bleiben. Außerdem stehen auf der Wunschliste: eine Treppe zum Boden und der Bodenausbau, eine ordent l iche Flaschenfül lanlage, neue Reinigungstechnik und vieles mehr. So gesehen haben wir in unseren ersten 5 Jahren erst die Hälfte unseres Weges geschafft. Das Projekt „Wiederbelebung eines historischen Westfälischen Brauamtes" steht also immer noch am Anfang und ganz immense Herausforderungen liegen vor uns. Damit sind wir im Hier und Jetzt angekommen.

Einflechten sollte ich vielleicht noch einige Sätze zum Deutschlandbier. Wie so oft war der Zufall Auslöser des ganzen. Wir hatten auf einem Stadtfest eine kleine Menge Bockbier eingebraut und in die Fassgärung gegeben. Das Ventil hatte aber abgeblasen, so dass wir zwar lecker Bier, aber keine Kohlensäure hatten. Als sparsame Lipper wollten wir das nicht weg gießen. Eckhard zapfte unser spritziges Zunftbier darauf und alle staunten nicht schlecht, dass sich diese beiden Biere im Glas schichteten! Es dauerte noch gut ein Jahr, bis wir verstanden hatten, was da vor sich gegangen war und diesen Effekt reproduzieren konnten. Der Schritt zum Dreischichtbier in schwarz, rot, gold war dann nur noch Formsache. Wir haben zwar ein Patent darauf eintragen lassen, um im Fall einer Vermarktung dabei zu sein. Letztendlich ist es aber ein großer Spaß und eine brautechnische Herausforderung, der sich jeder von euch ruhig mal stellen sollte.

Liebe Braufreunde,

ich will mich gleich natürlich noch Euren Fragen und eurer Kritik stellen und freue mich auf eine rege Diskussion. Ich mag aber nicht schließen, ohne noch einmal auf unsere Brauertage selbst eingegangen zu sein. Schwalenberg musste die Brauertage jetzt ausrichten. Tritt die Entwicklung, die wir uns alle wünschen, weiter ein, dann ist Schwalenberg in einigen Jahren mit der Ausrichtung endgültig überfordert. Wir haben hier gut 170 Gästebetten. Die Zahl ist zwar leicht steigend, aber wir stoßen ja auch an anderer Stelle an unsere Grenzen. So bietet nur die Festhalle am Dohlenberg ausreichende Kapazität für die Abendveranstaltungen. Die ist aber nicht beheizbar und traditionell im September für andere Veranstaltungen vergeben, so dass wir sie erst im Oktober wieder hätten nutzen können, was uns aus besagten Gründen zu gefährlich war. Aber nicht nur das war anders. Mehr als bisher hatten wir hier die Öffentlichkeit eingebunden.


Geschuldet war das zunächst unserer örtlichen Verpflichtung, unsere Vereinsarbeit öffentlich zu handhaben. Ich habe das ja detailliert ausgeführt. Tatsächlich lagen unsere örtlichen Erfordernisse aber gar nicht so weit von den VHD- internen Diskussionen der letzten Jahre entfernt. Immer wieder ist die Frage aufgeworfen worden, wie wir unsere Bewegung besser in die Öffentlichkeit transportiert bekommen, um letztlich im Feedback selber wieder davon zu profitieren. So war Schwalenberg in ausdrücklicher Abstimmung mit dem VHD- Präsidium auch immer wieder Experimentierfeld. Wie macht es sich in der Innen- und/oder Außenwirkung, wenn man der Veranstaltung ein Motto gibt, wenn man einen namhaften Schirmherrn findet, mit dem man Öffentlichkeitsarbeit machen kann? Welche Medien springen dann zusätzlich auf unsere Arbeit an? Welche Werbemittel kann man aus eigener Kraft auf die Beine stellen, also ohne zusätzlich in die Kasse zu fassen? Schwalenberg, das werden Brauertage sein, die wir noch ganz in Ruhe auswerten müssen. Damit können wir jetzt sofort beginnen, aber nicht abschließen. Wir haben dem VDH- Präsidium zugesichert, eine ganz ausführliche Dokumentation zu erstellen, die dann mittelfristig Grundlage von Auswertungen sein kann. Ich kann Euch alle nur bitten, Euch an dieser Diskussion zu beteiligen.

Ein paar Fakten dazu zum Abschluss:

Wir waren in den drei wichtigsten Magazinen des Oberweserraumes und des südlichen Teutoburger Waldes vertreten. Die Namen „Weg & Fähre", „Lippe Magazin" und „Der Treffpunkt" sagen Euch nichts, bedeuteten aber über 50.000 Berichte in Ostwestfalen und Südniedersachsen.

Mit den enthaltenen Werbeannoncen konnten wir 2000 Stück 32-seitige Programmhefte, 5000 Flyer und 250 Plakate finanzieren. Die Veröffentlichungen im Schalander und in Bier & Brauhaus kommen dazu. Wir hatten also rund 70.000 Werbe- und Informationsimpulse mit Multiplikatorwirkung, also ohne die üblichen Veröffentlichungen in der Tagespresse und dem Lokalradio, die es natürlich auch gegeben hat. Heute die Wirkung beurteilen zu wollen, wäre völlig verfrüht.

Ganz sicher sollten aber die HHBT 2010 nicht zu einem technokratischen Experiment geraten. Ganz im Gegenteil war es für uns am wichtigsten, Euch als Gleichgesinnte und gute Freunde in unseren Mauern zu haben. So danke ich jedem von Euch noch einmal ganz herzlich, dass sie, dass Ihr alle mit Eurer Teilnahme diese Veranstaltung möglich gemacht habt. Wir wollten nicht nur selbst gute Gastgeber sein, sondern auch aufzeigen, dass sich hier zwischen südlichem Teutoburger Wald und Weserbergland ein landschaftlich und kulturell reizvolles Stück Deutschland befindet, deren Menschen gastfreundlich, offen und herzlich sind, auch wenn wir eine gewisse westfälische Zurückhaltung natürlich nicht verleugnen können. Ich hoffe, dass hier Kontakte und Freundschaften geknüpft werden konnten und sich hier in Schwalenberg der Sinn und Zweck unserer Brauertage einmal mehr erfüllt hat. Wir danken an dieser Stelle auch ganz besonders dem VHD- Präsidium, das uns wirklich sehr hilfreich und freundschaftlich zur Seite gestanden hat. Wir wünschen Euch allen, dass Ihr interessante Eindrücke mitnehmt, heil nachhause kommt und freuen uns auf ein gesundes und zahlreiches Wiedersehen spätestens 2011 in Nordhorn, oder irgendwann einmal wieder in Schwalenberg. Jeder Einzelne von Euch ist uns hier stets herzlich willkommen.

Frank Ehlert, Schwalenberg, 29.08.10

Haltbarkeit des Bieres - Einflüsse durch den Brauprozess

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